GMCD 7328 – String & Flute Quartets by Volkmar Andreae
The Locrian Ensemble of London: Rita Manning (violin), Warren Zielinski (violin), Philip Dukes (viola), Justin Pearson (cello)
To the CD in our Shop / Video
Klassik.com 15.11.2009
Souveräner Stilmix
Volkmar Andreae war als langjähriger Leiter des Tonhalle Orchester Zürich einer der wichtigsten
Schweizer Dirigenten seiner Zeit. Auch als Komponist erweist er sich in den Streichquartetten und dem
Divertimento für Flöte und Streichtrio als Meister.
Ein romantisches Bild vom Wetterhorn auf dem Cover stimmt uns auf den Inhalt dieser CD ein. Es geht um ein Stück Schweiz. Genauer gesagt um einen Komponisten, der sich außerhalb der Schweizer Grenzen, wenn überhaupt, als Dirigent einen Namen gemacht hat. Immerhin war Volkmar Andreae (1879-1962) nach einem kurzen Gastspiel an der Münchner Hofoper gut 40 Jahre (von 1906-1949) lang Leiter des berühmten Tonhalle Orchesters in Zürich, wohl einem der symphonischen Aushängeschilder der Schweiz. Außerdem leitete er gleichzeitig über 25 Jahre hinweg das Konservatorium in Zürich. Und 1911 wollte ihn das New York Philharmonic Orchestra als Nachfolger von Gustav Mahler als Chefdirigenten verpflichten, aber Andreae blieb lieber in der Schweiz. Er dirigierte mehrmals die Berliner Philharmoniker und, vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg, unzählige Male die Wiener Philharmoniker. Ein vor kurzem erschienener Zyklus mit sämtlichen Symphonien Anton Bruckners (bei Music & Arts) von 1953 dokumentiert diese Zusammenarbeit mit den Wienern und Andreaes besonderen Einsatz für das Werk Bruckners.
Andreaes eigene Kompositionen versanken nach seinem Tod in den berühmten ‚Dornröschenschlaf’, bis sich das britische Label Guild daran machte, zumindest die Kammermusik und einige Lieder (Romantic Swiss Songs GMCD 7237) wieder ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen. Nach den beiden Klaviertrios auf der ersten CD, die 2006 erschien (GMCD 7307), widmet sich das The Locrian Ensemble of London auf dieser CD den beiden Streichquartetten op.9 und op.33, sowie dem Divertimento für Flöte und Streichtrio op.43.
Stilistisch sind die Werke von Volkmar Andreae schwer einzuordnen. Er bedient sich virtuos sämtlicher zur jeweiligen Kompositionszeit zur Verfügung stehender Stilmittel, die er als Dirigent und Kompositionslehrer natürlich genauestens kannte. Nur den Schritt in die Atonalität und zur Zwölftonmusik eines Arnold Schönberg konnte oder wollte er nie mitgehen. Seine Musik bleibt immer tonal gebunden, wenn sie auch nicht immer funktional zu deuten ist (deshalb fehlt z.B. die Tonart beim Divertimento op.43).
Sein erstes Streichquartett in B-Dur op.9 komponierte Andreae im Jahr 1905. Hört man den Beginn, so könnte man meinen es wäre eine Tondichtung von Richard Straus im Taschenformat, so sehr ähnelt die thematische Struktur z.B. dem ‚Heldenleben’. Und auch für die hochromantische Harmonik stand wohl Straus Pate. Aber auch die Symphonik Mahlers scheint Andreae nicht fremd gewesen zu sein. An sie erinnert das tragisch komisch verfremdete zweite Thema des letzten Satzes. Und mit dem die Durchführung abschließenden Fugato ist er immerhin nahe an der Grenze zur Atonalität. Allerdings ist auch sehr viel Andreae in diesem Werk. Er füllt die nach wie vor klassische Form des Streichquartetts mit durchaus eigenen Ideen, und bezieht auch immer wieder volkstümliche Anklänge mit in das Werk ein, z.B. im ersten Trio des zweiten Satzes mit seinen langen Bordun-Abschnitten. Wenn man sich auf die Musik einläßt und nicht nur nach Vorbildern sucht, so wird man von diesem Streichquartett schnell gefangen genommen. Es ist für mich, wenn auch das früheste Werk, das modernste und experimentellste des ganzen CD.
Am Beginn der CD ist zunächst das zweite Streichquartett zu hören. Es ist in seinem Charakter und seinen Dimensionen ein viel leichteres Werk als das erste. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass dafür auf der CD die Tonart E-Dur angegeben ist und nicht e-Moll wie in sämtlichen anderen Quellen. Allerdings steht der letzte Satz tatsächlich in Dur. Der erste Satz erinnert mit einem leichten, unschuldigen Thema und einfachen Begleitmodellen eher an die Klassiker Haydn und Mozart, vielleicht schon ein Hinweis auf den Neoklassizismus. Gleichzeitig gibt es aber extrem klangvolle doppelgriffige Passagen und spätromantisch-impressionistische Harmonik. Und mitunter ist eine gewisse Doppelbödigkeit herauszuhören wie im Scherzo mit seinen Glissandi. Insgesamt ist es stilistisch unabhängiger als das erste Quartett, die Verweise auf andere Komponisten sind nicht so leicht identifizierbar.
Dass bisher in dieser Kritik das The Locrian Ensemble of London außen vor blieb, liegt schlichtweg daran, dass es sich ganz in den Dienst der Musik stellt und dabei in allen Belangen überzeugt. Sowohl hinsichtlich der Intonation, des Zusammenspiels und der interpretatorischen Mittel hätte die Musik Volkmar Andreaes keinen besseren Vertreter finden können.
Für das in der Mitte der CD befindliche Divertimento für Flöte und Streichtrio op.43 gesellt sich Anna Noakes zum Locrian Ensemble of London. 1945 geschrieben ist es das jüngste Werk der CD. Entsprechend hat sich Andreaes Stil weiter entwickelt. Eine funktionale Deutung der Harmonien ist nun nur noch schwer möglich, obwohl das Werk die tonale Welt nicht verlässt. Entsprechend der Divertimento-Tradition handelt es sich um vier recht kurze Sätze, Klang-Charakter-Skizzen, virtuos für die Flöte geschrieben mit eher begleitendem Streichtrio. Vor allem in der langen, von Streichereinwürfen immer wieder unterbrochenen Solokadenz in der langsamen ersten Hälfte des vierten Satzes weiß Anna Noakes zu glänzen. Der einzige etwas störende Punkt an diesem Werk ist der Klang der Aufnahme. Er ist zwar in sich stimmig, aber lauter und direkter als bei den recht hallig aufgenommenen Streichquartetten, was einen intuitiv zum Lautstärkeregler greifen lässt. Dieser Klangunterschied lässt sich natürlich durch die unterschiedlichen Aufnahmedaten erklären, eine Klanganpassung wäre aber sicherlich wünschenswert gewesen.
Insgesamt ist dies jedoch eine CD, die man uneingeschränkt empfehlen kann, vor allem an Kammermusikfreunde, die auf der Suche nach sonst recht spärlichen spätromantischen Werken dieser auf immer größere Orchesterwerke zielenden Musikepoche sind. Zudem ist zu hoffen, dass Guild auch noch die letzten beiden Kammermusikwerke Volkmar Andreaes einspielen wird, ein weiteres frühes Streichquartett ohne Opuszahl und das Streichtrio op.29.
Christian Starke
Schweizer Musikzeitung September 2010
Serenadenton und tiefer Ernst
Zu den Dirigenten von Weltruf aus der Schweiz gehört ohne Zweifel der gebürtige Berner Volkmar Andreae (1879-1962). Von 1906 bis 1949 leitete er die Sinfoniekonzerte der Zürcher Tonhalle-Gesellschaft. 1911 hätte er als Nachfolger Gustav Mahlers Dirigent der New Yorker Philharmoniker werden können, was er aber aufgrund seiner Reiseunlust ausschlug. Der unermüdliche Andreae war zeitweise auch Direktor des Zürcher Konservatoriums und Präsident des Schweizerischen Tonkünstlervereins und trat oft mit den grossen Wiener Orchestern auf Als erster Dirigent überhaupt hatte er 1911 schon alle Bruckner-Symphonien aufgeführt 2009 erschien bei Music & Arts (CD 1227) seine Gesamteinspielung dieser Symphonien mit den Wiener Symphonikern aus dem Jahr 1953, die als geniale Interpretationsleistung gefeiert wurde. Dass Andreae zudem Zeit fand, ein grosses kompositorisches Oeuvre zu schaffen, das vom Klavierstück bis zur Oper reicht und einen Schwerpunkt in der Vokalmusik hat, grenzt an ein Wunder. Um zu beurteilen, ob Andreae einen eigenen Stil entwickeln konnte, müsste man mehr von ihm hören können. (In den Bibliotheken sind Ausgaben seiner Werke durchaus vorhanden.)
In den Streichquartetten, 1905 und 1922 entstanden, finden sich Anklänge an Brahms, Richard Strauss, Reger und vielleicht auch Bruckner, aber ohne dass diese Komponisten sklavisch nachgeahmt würden. Momentweise ist Andreaes Musik sogar nicht allzu weit von Schönbergs Verklärter Nacht entfernt. Seine Werke zeichnen sich durch eine grosse Ausdrucksvielfalt aus. Öfters sind sie in einem heiteren, bisweilen fast naiven Serenadenton gehalten; besonders in den langsamen Sätzen kommt aber auch ein tiefer Ernst hinzu. Auch rhythmisch und harmonisch finden sich abwechselnd schlichte, fast «primitive» und komplexe Abschnitte.
Ein Werk, das in das Flötenrepertoire aufgenommen werden sollte, ist das Divertimento op. 43 aus dem Jahr 1945. Dieses Quartett, stilistisch mit einem attraktiven französischen Touch, ist gleichermassen virtuos und kantabel, vielschichtig und klangvoll. Eine echte Entdeckung!
Das englische Locrian Ensemble of London, durch CDs mit Werken verschiedenster Stilrichtungen bekannt geworden, spielt alle drei Werke auf einem hohen Interpretationsniveau und mit bemerkenswertem Einfühlungsvermögen. Das frische und engagierte Spiel bringt die wenig bekannten Werke zu bester Geltung.
Daniel Lienhard
Classic Lost and Found 23.July 2010
Many readers were thrilled to discover Swiss conductor-composer Volkmar Andreae’s (1879-1962) two piano trios, which we told you about some months ago (see the newsletter of 15 January 2008. Now the enterprising Guild label gives another installment of his chamber music, this time for four players. Unlike the trios which span roughly fifteen years of his early creative career (1901-14), the three quartets on this CD cover a later, much wider time frame (1905-45), providing a glimpse of his fully mature style.
Being a tiny country bordered by such musically disparate cultural giants as France, Germany, Austria and Italy, Switzerland frequently produces composers strongly influenced by those from one or more of its neighbors. In the case of Andreae, it’s the German connection that’s most apparent. This was true of his conducting career, during which he championed Anton Bruckner’s (1824-1896) symphonies, and obvious in the earliest work on this disc, his first string quartet of 1905.
In four movements with descriptive German subtitles, and lasting almost forty minutes, it opens “At a moving tempo.” The listener is immediately swept off his feet with a soaring Alpine theme worthy of Richard Strauss (1864-1949). After some “modulatory” mayhem, the composer contrasts this with a leisurely wistful tune that could be a variant of the melody for the folk song “Barbara Allen.” A dramatically entangled development follows, where at one point [track-9, beginning at 04:51] there are intense rhythmic figurations reminiscent of the scherzo (second movement) from Beethoven’s (1770-1827) Choral Symphony (No. 9, 1822-4). The final coda is a masterful blend of the two main motifs, and leaves the listener with a warm-and-fuzzy feeling.
The outer sections of the scherzo are an engaging combination of Mendelssohn (1809-1847, see the newsletter of 21 December 2009), and what sounds like some local peasant dance. They live up to the movement marking “As fast as possible,” but not the central episode, which is subdued, mysterious and somewhat reminiscent of Ravel (1875-1937). Maybe a west wind from France was blowing through Switzerland when Volkmar wrote it.
The next movement marked “Slow, and freely interpreted,” is just that! With several gorgeously sinuous ideas, and all the anguish of overcast Mahler (1860-1911), you’ll find this exceptionally moving music. That’s also true of the finale, “Animated and varied,” which is a unique Andreae creation genetically related to sonata form. More specifically it has two different back-to-back opening statements, call them S1 and S2. These are followed by a development primarily based on ideas in S1, and then it concludes with capricious sequential recapitulations of S1 and S2.
Like the first movement, S1 opens in Straussian fashion with an ebulliently effervescent melody. This is followed by a couple of whimsical ideas. The music then pauses [track-12, 01:52-01:54] while the composer shifts emotional gears, and S2 appears featuring a romantically imploring tune coupled to a folkish sounding ditty. A rigorous contrapuntally laced development and recapitulation of S1 are next. After that there’s another hiatus [track-12, 08:15-8:17], and S2 returns in somewhat altered form, providing the quartet with a novel ending.
This release also includes his second string quartet of 1922, which is in four movements like its predecessor, but only half as long. Despite some highly chromatic developmental passages, there’s a classical simplicity about the beginning sonata form andante. Its tragic ending is offset by the playful, almost childlike allegretto that follows, which is a scherzo in all but name. Both of these movements are immaculately constructed, and obviously the work of a highly accomplished composer.
The mood of the quartet darkens with the lento, which is a sole-searching lament that may well have been a delayed expression of grief for the victims of World War I (1914-18). But spirits brighten with the perky concluding allegro. It would seem those Gallic westerlies were blowing again when Volkmar wrote it, because there’s a cheekiness typically found in the works of Francis Poulenc (1899-1963) or even Jean Françaix (1912-1997, see the newsletter of 31 October 2009).
The third selection here is Andreae’s 1945 quartet for flute, violin, viola and cello, which is a significant addition to the body of chamber music for that silvern instrument. In four movements, it begins with a rhythmically quirky motif (SH) that sounds distantly related to the opening of Shostakovich’s (1906-1975) first symphony (1923-24). Soft spring breezes waft through the first movement, while an avian flute soars gracefully above pensive strings in the following adagio.
The animated Vivace contains several memorable tunes of French persuasion, while the concluding movement is Janus-faced. At first stern and meditative, it suddenly smiles, taking flight. An attractive melody soon appears [track-8, beginning at 05:10], followed by a couple of fleeting references to SH, and then the work ends with a perfunctory toss of the head.
As with their previous Andreae recording for Guild (see above), the Locrian Ensemble of London deliver superb performances of all three quartets, again making a strong case for his music. Known for ferreting out rare repertoire deserving much wider exposure, keep your eye out for more groundbreaking Locrian releases on ASV and Dutton, as well as Guild.
Done in the reverberant acoustic of St. Paul’s School, New Southgate, London, the players for each quartet are ideally placed across a spacious soundstage. The flute is perfectly captured, while the string tone is good, if a bit on the lean side. Those with sound systems particularly sensitive to sub-frequencies may notice a couple of low-end murmurs most likely emanating from local city traffic. Bob McQuiston
Tempo magazine 2010 Tempo 64 (251) 83–99 © 2010 Cambridge University Press
Volkmar Andreae, who lived from 1879 to 1962, is remembered more as a conductor than as a composer. He was in charge of the Zurich Tonhalle Orchestra for many years, his reputation as a Bruckner interpreter in particular being confirmed by regular guest appearances with the Vienna Symphony. He studied in Cologne under Franz Wüllner at the same time as Fritz Brun, his fellow-Swiss. But whereas Brun was slowly to craft a whole series of symphonies while working as a full-time music director, Andreae’s creative out-put soon dwindled to a trickle. He did complete a couple of stage compositions, notably a piece on the subject of Casanova that might have drawn on the Italian blood in his veins. His melodic gifts are evident from Der Spielmann, a short early song- cycle (recorded on the Musikszene Schweiz label), as well as several miniatures on Guild’s ‘Romantic Swiss Song’ CD.Only ten opus numbers but more than 20 years separate the String Quartet No. 2 from Andreae’s Flute Quartet of 1945, where three masterly bagatelles pave the way for a finale in two contrasting sections. Here, as in the earlier quartets, Rita Manning leads an animated string ensemble, and Anna Noakes rejoices in her vivid wind part.
Volkmar Andreae might not have embraced a musical career at all, had he pursued an early enthusiasm for soldiering. Yet Matthias von Orelli, in his wide-ranging monograph,3 argues that he should be regarded as more than an ‘occasional’ composer. The slimness of Andreae’s œuvre rather contradicts that, and the novelist Thomas Mann’s view of his style as ‘impersonal’4 has been repeated by others acquainted with it. All the same, Orelli does the composer a service by examining such orchestral works as the Violin Concerto of 1936, which was premièred by Adolf Busch under Andreae’s baton. Anyone in search of music to leaven the mainstream Germanic repertoire would find Volkmar Andreae’s eminently worthwhile.
Peter Palmer
THE STRAD FEBRUARY 2010
Voice of the String Music World since 1890
The most profound problem facing any young composer emerging at the beginning of the 20th century was developing a personal voice during a period of constant flux. A number of composers hit upon a fluid style based on Brahmsian structural rigour, strongly flavoured by a combination of Wagnerian chromaticism and folk-dance lyricism. Frank Bridge was the leading figure of this kind in Britain, and Switzerland it was Volkmar Andreae (1879-1962). His striking independence of creative voice has become special passion for the Locrian Ensemble, first in an outstanding coupling of the two piano trios released in 2007 (GMCD 7307), and now in this alluring programme, glowingly played and engineered, that confirms Andreae as a master of his craft.Composers far more renowned than Andreae have become unstuck with the string quartet medium, but the Swiss maestro (also a gifted conductor) makes it sound effortless. This is at least in part due to the Locrain Ensemble’s stunning advocacy, which combines lyricism of heartfelt intensity with an acute sensitivity to the music’s harmonic progress. The magical way the players of this gifted ensemble reduce their tone to a haunting whisper and then joyously erupt into the recapitulation of the First String Quartet’s opening movement is just one of many outstanding moments.
JULIN HAYLOCK
Highly recommended.
Gramophone January 2010
Beautifully crafted chamber music from a neglected Swiss composer
The Swiss composer Volkmar Andreae made his reputation primarily as a conductor and a champion of Bruckner. But his own music, which is of high quality, brings an individual harmonic language, traditional in the best sense, the writing beautifully crafted with a consistently appealing melodic flow. The often striking invention is apparent from the secondary themes of the first movements of both string quartets, and the atmospheric richness of the slow movements. The Flute Quartet, written in 1945, is winningly light-hearted, ending with a remarkable Molto Lento – Molto vivace finale in
”Their playing is balanced by a refined intensity which prevents any sagging of lyrical feeling”
which flautist Anna Noakes shines brilliantly. The first quartet (1905) is the more ambitious in scale and weight of feeling; the Second (1922) is lighter and shorter, especially the scherzo, although both have distinct Mendelssohnian influences. But the first thing that strikes the listener is the music’s delicacy of feeling and the haunting harmonic textures – surely French-influenced – which nevertheless have an integrated homogenous character. Yet the cellist eloquently leads his colleagues in the passionate slow movement of the First Quartet, and there is a strong fugal treatment of the work’s finale.
Undoubtedly, the Locrian Ensemble fully understand Andreae’s musical style in these relaxed yet ardent performances. Their playing is balanced by refined intensity which prevents any sagging of lyrical feeling, so that the listener is consistently held in their spontaneous response to the music. The recording throughout, in a warm acoustic, is ideal, with excellent clarity, yet creating a fine ambient glow, so necessary in the quartets. There are excellent notes from Robert Mathew-Walker. Well worth investigating.
Ivan March
Musik und Theater Jan / Feb. 2010
Die Überraschung
Ruhm ist eine vergängliche Sache. Beispiel Volkmar Andreae: Der langjährige Chef des Zürcher Tonhalle-Orchesters von 1906 bis 1949 und durchaus ein wegweisender Dirigent ging in der Neuausgabe der vielbändigen «Musik in Geschichte und Gegenwart» (MGG) glattweg verloren. Und das gilt erst recht für den schöpferischen Künstler. Wie viele Maestri seiner Epoche verstand sich Andreae nicht zuletzt als Komponist. Rund ein halbes hundert Werke hat er verfasst; sie sind ebenfalls aus dem schweizerischen Musikleben praktisch verschwunden. Und so kann es kaum verwundern, dass der diskografische Einsatz für Andreae nicht aus unserem Land, sondern aus England kommt. Das Locrian Ensemble aus London plädiert für einen Nebenstrang von Andreaes Schaffen, die Kammermusik. Der Komponist Andreae war ein Spätling: ein Fortführer der spätromantischen Linie. Setzte er sich als Interpret vor allem für Bruckner ein, so hielt er sich auf intimerem Feld an Brahms. Die Locrian-Musiker tauchen die Vorlagen zu Recht in ausgefeilte Schönheit, sogar eine gewisse Nähe zu Richard Strauss wird spürbar. Andreae hat die schon früh (1. Streichquartett von 1905) eingeschlagene Linie nie mehr verlassen, Zwar gibt er sich im 2. Streichquartett (1922) konzentrierter; aber hier wie im 1945 abgeschlossenen Quartett für Flöte und Streichtrio hat seine Musik etwas Zeitabgewandtes. Sie wirkt wie in sich selbst versunken, ein einziges lyrisches Aussingen,
Mario Gerteis
International Record Review – December 2009
This is the Locrian Ensemble’s second Volkmar Andreae disc: they have already produced his Piano Trios Nos. 1 and 2 for Guild (GMCD 7307), which I have not heard (it was enthusiastically reviewed by Raymond Tuttle in June 2007). Andreae’s name is more familiar to us as a conductor than a composer, especially as the Director of the Zurich Tonhalle Orchestra, where he established a lasting reputation as a Bruckner conductor and became a great friend of Busoni, several of whose late orchestral works he premièred during the latter’s self-imposed Swiss exile during the First World War. (He even appears in Thomas Mann’s novel Doctor Faustus, conducting an orchestral song-cycle by the damned composer Adrian Leverkühn.)Andreae (1879-1962) studied in Cologne, and though he was most productive as a composer in his early years he seems neuer to have renounced composition as an integral part of his life. There are, apparently, a couple of stage works and a Violin Concerto; these three quartets – two String quartets, one flute quartet – span the 40 years from 1945 to 1945. They display a mostly genial musical personality, superbly in command of the chamber medium and open to many contemporary influences – increasingly French influences, it seems, as time goes on – without ever being submerged by them. Andreae had Italian ancestry, and this Shows too in the unforced spontaneity and grace of his melodic writing.
The First String Quartet dates from 1905, when Andreae was 26, and is a highly ambitious work lasting about 37 minutes. It’s also a fascinating amalgam of contemporary influences which Shows the up-to-dateness of Andreae’s composerly ear and his ability to assume a number of different musical characters. In his excellent booklet notes Robert MatthewWalker hears the opening of Ein Heldenleben in the first movement’s vaunting opening subject: to me it Sounds even more like a presage of the Start of Rosenkavalier, not yet written, and the movement is full of Straussian tonal side-slips that leave little doubt of Andreae’s enthusiasm for the older composer. (Other pages, by contrast, Sound almost like Korngold.) The very fast Scherzo flirts with French Impressionism and combines it with a rough, rustic, country-dance idea. The highly romantic slow movement has a Slavonic – even Tchaikovskian – tincture. Most fascinating of all is the finale, which sets off with a diatonic march-tune (by sheer happenstance it closely prefigures the main finale subject of Miaskovsky’s Ninth Quartet of nearly 40 years later), but then veers into Mahler’s spooky folk-like melodic style and arrives at a lyrical Gesangsperiode ahnost early-Schoenbergian in harmony. Andreae then extrudes an angular fugue before the various elements are reworked, the Mahlerian-sounding music becoming particularly acerbic and discomforting. Its eldritch trills bring the work to an abrupt and grisly close. Does the piece – or even this movement – fully cohere? Maybe not, but every separate bit and tendency in it is expertly written and gorgeously expressed.
The other two works are much more unified stylistically, and much more concise. The Second Quartet dates from 1922 and in this performance lasts about 23 minutes, though it too is in a fully developed fourmovement layout. It’s a poised, altogether more Classically oriented work, and it’s tempting to see the influence of Busoni’s principle of Junge Klassizität (youthful, or renewed, classicism) in its lively and characterful discourse. The deepest movement is the Molto lento slow movement, which this time comes third in the overall scheme – in its sombre yet restrained expression one senses Andreae perhaps meditating on the consequences of the European war that Switzerland had fortunately escaped.
The Flute Quartet was composed during the next World War, but you’d never know it – this is the most frankly `French’ in accent of the three works and presents itself as a blithe divertissement, with three very short, almost bagatelle-like movements preparing the way for a more substantial finale. It’s an utterly charming piece that deserves to be heard in programmes along with the Mozart or Krommer or Devienne flute quartets. Anna Noakes makes the most of Andreae’s vivid and idiomatic flute writing, and the members of the Locrian Ensemble strings play all three works with confidence and affection. It’s a beautifully balanced recording, too.
Calum MacDonald
Souveräner Stilmix
Klassik com Germany – Sunday November 15th 2009
**** Interprettion
*** Klanqualität
***** Repertoirwert
*** Booklet
Ein romantisches Bild vom Wetterhorn auf dem Cover stimmt uns auf den Inhalt dieser CD ein. Es geht um ein Stück Schweiz. Genauer gesagt um einen Komponisten, der sich außerhalb der Schweizer Grenzen, wenn überhaupt, als Dirigent einen Namen gemacht hat. Immerhin war Volkmar Andreae (1879-1962) nach einem kurzen Gastspiel an der Münchner Hofoper gut 40 Jahre (von 1906-1949) lang Leiter des berühmten Tonhalle Orchesters in Zürich, wohl einem der symphonischen Aushängeschilder der Schweiz. Außerdem leitete er gleichzeitig über 25 Jahre hinweg das Konservatorium in Zürich. Und 1911 wollte ihn das New York Philharmonic Orchestra als Nachfolger von Gustav Mahler als Chefdirigenten verpflichten, aber Andreae blieb lieber in der Schweiz. Er dirigierte mehrmals die Berliner Philharmoniker und, vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg, unzählige Male die Wiener Philharmoniker. Ein vor kurzem erschienener Zyklus mit sämtlichen Symphonien Anton Bruckners (bei Music & Arts) von 1953 dokumentiert diese Zusammenarbeit mit den Wienern und Andreaes besonderen Einsatz für das Werk Bruckners.Andreaes eigene Kompositionen versanken nach seinem Tod in den berühmten ‚Dornröschenschlaf’, bis sich das britische Label Guild daran machte, zumindest die Kammermusik und einige Lieder (Romantic Swiss Songs GMCD 7237) wieder ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen. Nach den beiden Klaviertrios auf der ersten CD, die 2006 erschien (GMCD 7307), widmet sich das The Locrian Ensemble of London auf dieser CD den beiden Streichquartetten op.9 und op.33, sowie dem Divertimento für Flöte und Streichtrio op.43.
Stilistisch sind die Werke von Volkmar Andreae schwer einzuordnen. Er bedient sich virtuos sämtlicher zur jeweiligen Kompositionszeit zur Verfügung stehender Stilmittel, die er als Dirigent und Kompositionslehrer natürlich genauestens kannte. Nur den Schritt in die Atonalität und zur Zwölftonmusik eines Arnold Schönberg konnte oder wollte er nie mitgehen. Seine Musik bleibt immer tonal gebunden, wenn sie auch nicht immer funktional zu deuten ist (deshalb fehlt z.B. die Tonart beim Divertimento op.43).
Sein erstes Streichquartett in B-Dur op.9 komponierte Andreae im Jahr 1905. Hört man den Beginn, so könnte man meinen es wäre eine Tondichtung von Richard Straus im Taschenformat, so sehr ähnelt die thematische Struktur z.B. dem ‚Heldenleben’. Und auch für die hochromantische Harmonik stand wohl Straus Pate. Aber auch die Symphonik Mahlers scheint Andreae nicht fremd gewesen zu sein. An sie erinnert das tragisch komisch verfremdete zweite Thema des letzten Satzes. Und mit dem die Durchführung abschließenden Fugato ist er immerhin nahe an der Grenze zur Atonalität. Allerdings ist auch sehr viel Andreae in diesem Werk. Er füllt die nach wie vor klassische Form des Streichquartetts mit durchaus eigenen Ideen, und bezieht auch immer wieder volkstümliche Anklänge mit in das Werk ein, z.B. im ersten Trio des zweiten Satzes mit seinen langen Bordun-Abschnitten. Wenn man sich auf die Musik einläßt und nicht nur nach Vorbildern sucht, so wird man von diesem Streichquartett schnell gefangen genommen. Es ist für mich, wenn auch das früheste Werk, das modernste und experimentellste des ganzen CD.
Am Beginn der CD ist zunächst das zweite Streichquartett zu hören. Es ist in seinem Charakter und seinen Dimensionen ein viel leichteres Werk als das erste. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass dafür auf der CD die Tonart E-Dur angegeben ist und nicht e-Moll wie in sämtlichen anderen Quellen. Allerdings steht der letzte Satz tatsächlich in Dur. Der erste Satz erinnert mit einem leichten, unschuldigen Thema und einfachen Begleitmodellen eher an die Klassiker Haydn und Mozart, vielleicht schon ein Hinweis auf den Neoklassizismus. Gleichzeitig gibt es aber extrem klangvolle doppelgriffige Passagen und spätromantisch-impressionistische Harmonik. Und mitunter ist eine gewisse Doppelbödigkeit herauszuhören wie im Scherzo mit seinen Glissandi. Insgesamt ist es stilistisch unabhängiger als das erste Quartett, die Verweise auf andere Komponisten sind nicht so leicht identifizierbar.
Dass bisher in dieser Kritik das The Locrian Ensemble of London außen vor blieb, liegt schlichtweg daran, dass es sich ganz in den Dienst der Musik stellt und dabei in allen Belangen überzeugt. Sowohl hinsichtlich der Intonation, des Zusammenspiels und der interpretatorischen Mittel hätte die Musik Volkmar Andreaes keinen besseren Vertreter finden können.
Für das in der Mitte der CD befindliche Divertimento für Flöte und Streichtrio op.43 gesellt sich Anna Noakes zum Locrian Ensemble of London. 1945 geschrieben ist es das jüngste Werk der CD. Entsprechend hat sich Andreaes Stil weiter entwickelt. Eine funktionale Deutung der Harmonien ist nun nur noch schwer möglich, obwohl das Werk die tonale Welt nicht verlässt. Entsprechend der Divertimento-Tradition handelt es sich um vier recht kurze Sätze, Klang-Charakter-Skizzen, virtuos für die Flöte geschrieben mit eher begleitendem Streichtrio. Vor allem in der langen, von Streichereinwürfen immer wieder unterbrochenen Solokadenz in der langsamen ersten Hälfte des vierten Satzes weiß Anna Noakes zu glänzen. Der einzige etwas störende Punkt an diesem Werk ist der Klang der Aufnahme. Er ist zwar in sich stimmig, aber lauter und direkter als bei den recht hallig aufgenommenen Streichquartetten, was einen intuitiv zum Lautstärkeregler greifen lässt. Dieser Klangunterschied lässt sich natürlich durch die unterschiedlichen Aufnahmedaten erklären, eine Klanganpassung wäre aber sicherlich wünschenswert gewesen.
Insgesamt ist dies jedoch eine CD, die man uneingeschränkt empfehlen kann, vor allem an Kammermusikfreunde, die auf der Suche nach sonst recht spärlichen spätromantischen Werken dieser auf immer größere Orchesterwerke zielenden Musikepoche sind. Zudem ist zu hoffen, dass Guild auch noch die letzten beiden Kammermusikwerke Volkmar Andreaes einspielen wird, ein weiteres frühes Streichquartett ohne Opuszahl und das Streichtrio op.29.
Christian Starke
Tages Anzeiger Kultul & Gesellschaft – Donnerstag November 12 2009
CD/Vortrag Volkmar Andreae einst Tonhalle-Chefdirigent
Er zog die Schweiz der großen weiten Welt vor. 1911 hätte der Dirigent Volkmar Andreae (1879-1962) Nachfolger von Gustav Mahler bei den New Yorker Philharnlonikern werden können. Er lehnte ab, leitete dafür über vierzig Jahre das Tonhalle-Orchester und engagierte sich als Chordirigent, Konservatoriumsdirektor und Präsident des Tonkünstlervereins im Schweizer Musikleben. Mehr über sein Wirken erfährt man am Mittwoch, 18. November, in einem Zürcher Vortrag des Musikwissenschaftlers Matthias von Orelli.
Andreae komponierte aber auch: Lieder, Chorwerke, Kammermusik, Orchesterwerke. Die beiden Streichquartette von 1905 und 1919, die das Locrian Ensemble of London auf einer CD neben dem Flötenquartett op. 43 vorstellt, beweisen sein außerordentliches handwerkliches Geschick. Gewiss sind diese schönen Stücke weit davon entfernt, uns etwas Neues über die Musikentwicklung des 20. Jahrhunderts zu lehren; sie wurzeln noch in der Romantik eines Brahms und stoßen allenfalls zu Richard Strauss vor. Diesen Stil allerdings vertreten sie auf geradezu makellose Weise – elegant, schlicht und ohne Extravaganz ausdrucksreich.
Thomas Meyer
Vortrag von Matthias von Orelli:
Mittwoch, 18. 11,19.30 Uhr im Haus zum Kiel, Hirschengraben 20, Zürich.
Late-romantic, melancholic succulence and poignant romantic delight …
MusicWeb International Wednesday October 14th 2009
This is tonal and melodically-centred music expertly laid out for the medium by a Swiss composer whose reputation was as a conductor.This is not the first time Guild have issued a recording of his music. The present disc is a successor to GMCD7307 (piano trios) and GMCD7237 (Andreae’s songs alongside those by Schoeck, Freund, Bosshart and Kletzki).
Andreae’s Second String Quartet is passionate in the manner of Howells and Schoeck yet with retrospective classical material as in the almost Mozartean episodes in the first movement. There’s a chuckling bonhommie and civilised boulevard culture to be heard in the Allegretto. This is followed by the heartfelt melancholic sincerity of the Molto lento. Contrast is provided by the sunny disposition and positivism of the Allegro molto. This is feel-good writing recorded in a resonant and lively acoustic.
The late Flute Quartet is more rooted in Gallic impressionism mixed with Mediterranean classical idylls. This is perhaps inevitable given the flute. It’s a warmly-bathed work that revels in mercurial succulence and in the slow melancholy ecstasy of late summer.
The First Quartet is an indulgently extended piece. It is sophisticated, energetically impassioned, full of memorable romantic invention and a rapid-pulse vitality that carries everything before its irresistible bow-wave. The Langsames zeitmass is harmonically rich and recalls the gorgeous density of Warlock’s writing for string quartet in The Curlew.
In all of this there is hardly a shred of Reger’s fugal obsessions nor – pace the line-notes – much in the way of Richard Strauss. My way-markers for this music are Othmar Schoeck and Herbert Howells’ chamber works of the Great War. If you need further triangulation points then Josef Suk, Smetana and late Beethoven can be prayed in aid.
Rob Barnett