GMCD 7371 – Hans Huber – Sonatas for Violin & Piano
Gilles Colliard (violin), Timon Altwegg (piano)
Die Südostschweiz Chur – 10. April 2012
Schweizer Romantiker
Von Walter Labhart
Anlass zum Staunen geben im wieder Kammermusikwerke von Hans Huber (1852-1921), einem am Leipziger Konservatorium von Carl Reinecke ausgebildet Schweizer Komponisten mit barocker Schaffensfülle. Der bei Schönenwerd geborene, in Locarno gestorbene Musiker war im Jahr 1900 Mitbegründer des Schweizerischen Tonkünstlervereins und kann als einer der bedeutendsten Schweizer Spätromantiker bezeichnet werden. Unter seinen unzähligen Instrumentalwerkel nimmt die Orchestermusik – darunter die, patriotische «Tell-Sinfonie» und eine «Böcklin-Sinfonie» – zwar breiten Raum ein, zeichnet sich aber durch wenig Eigenständigkeit als die Kammermusik aus. Als besonders dankbare Beiträge erweisen sich auf diesem unermüdlich beackerten Feld die erst jetzt wiederentdeckten Werke für Violine und Klavier.
Die viersätzige Phantasie op. 1 von 1876 und zwei der insgesamt zehn Sonaten haben Gilles Colliard und Timon Altwegg in hört inspirierten Ersteinspielungen festgehalten, die eine grosse Repertoirelücke schliessen. Dem «Vorspiel» überschriebenen Kopfsatz der Fantasie, der «Nach und nach immer schneller» gespielt werden muss, eignet in den tieferen Lagen ein mit Schumann vergleichbar leidenschaftlicher Ausdruck. Ein im ungewohnten Sechsvierteltakt «äusserst rasch und flüchtig» vorüberhuschendes Scherzo kündet Individuelles und Originalität an. Die 1897 uraufgeführte, dreisätzige 5. Sonate in E-Dur op. 112 lässt französische Einflüsse erkenne: Sie beginnt mit weltmännisch grosser Geste, gibt mit dem sehr anspruchsvollen Klavierpart zu verstehen, was für ein talentierter Pianist Huber gewesen sein muss, und überrascht in formaler Hinsicht. Anstelle eines langsamen Satzes bildet ein Presto agitato die Werkmitte, während liedhafte Elemente den Allegretto-Schlusssatz prägen. Auch in der um 1900 entstandenen, von Brahms beeinflussten Sonata appassionata (Nr. 6) in d-Moll brechen Gille Colliard und Timon Altwegg mit temperamentvollem Spiel dem lange vergessenen Komponisten eine Lanze.
Classical Lost and Found (CLOFO.com, P120317)
Four years ago we told you about a relatively unknown, but exceptionally gifted Swiss-born, German-trained musician named Hans Huber (1852-1921, see the newsletter of 30 March 2008). He was a highly revered teacher, who could count Frank Martin (1890-1974) among his students, as well as a prolific composer (eight symphonies). The enterprising Guild label explores his considerable chamber output with this release of a fantasy for violin and piano in addition to a couple of his ten other violin sonatas.
Written around 1870, the Phantasie is an amazingly mature work that belies the composer’s early age. Atypically in four movements, the opening one labelled “Vorspiel” (“Prelude”) begins with a sad langsam theme (SL) on the piano soon joined by the violin. However, grief is short-lived, and SF is converted via an accelerando passage into a cheerful allegro subject (CA) [track-1, beginning at 02:21]. This is developed with a brief return of SF, and then the movement ends frenetically.
The following slow movement is based on a reverent chorale-like melody (RC), whose beginning oddly enough anticipates the big tune from Sibelius’ (1865-1957) Finlandia (1899-1900). It undergoes several variational transformations at times recalling Brahms (1833-1897), who was an early influence on Huber.
However, the tempo picks up with the engaging prestissimo, which has fleeting outer sections. They surround a more subdued episode with a comely hymnlike idea (CH) [track-3, beginning at 01:35] that’s a cousin of RC.
The jubilant finale begins with some ebullient passagework that heralds the return of CA [track-4, beginning at 01:17]. This is further developed in a series of harmonic sequences, after which there’s a remembrance of CH [track-4, beginning at 05:15]. The fantasy then goes on to end in an ecstatic coda riddled with CA. Not bad for an eighteen-year-old!
The following fifth and sixth violin sonatas are much later works (c. 1900), each laid out in the customary three movements. Although there are still traces of Brahms, both are more harmonically sophisticated, anticipating Max Reger’s 1873-1916 see the newsletter of 9 June 2009 peripatetic chromaticism.
Without getting into a detailed analysis (see the informative album notes), the fifth begins with a highly romantic allegro notable for its distinctive subject material. It’s followed almost immediately by a tarantella-like presto, and then a closing allegretto. The latter is just about as long as the first two movements in tandem, and opens with a moving aria for the violin. A skillful development ensues with the initial song recurring in rondo fashion, and finally leading to an amorous concluding coda.
The sixth “Appassionata” (“Passionate”) sonata is apparently based on material from the first movement of an 1885 violin concerto (currently unavailable on disc). This undoubtedly explains the Brahmsian touches and concertante aspect of the opening adagio-allegro, where the violin and piano become soloist and orchestra respectively. Lasting almost fifteen minutes, the movement is all the more exciting for the dramatic virtuosic concerto-like dialogue between the two!
The next adagio couldn’t be more in keeping with the sonata’s subtitle as it finds the composer at his most romantically inclined. The beginning and ending are based on a beautiful spun-out melody. It’s made all the more attractive by the insertion of a central fugal episode [track-9, beginning at 03:17] that prevents it from becoming a romantic wallow. Reminders of this movement and its predecessor appear in the inventive hyper finale, which ends this exceptional sonata on a chromatically whimsical note.
Swiss violinist Gilles Colliard and pianist Timon Altwegg give good accounts of these selections, tempering their enthusiasm and virtuosity in animated movements with great sensitivity for the more romantically subdued ones. Pointy-eared listeners may notice a couple of queasy violin spots that’ll soon be forgotten in the context of this enthralling music.
These studio recordings project a solid sonic image in a reverberant acoustic with the two instruments well-balanced against one another. The violin is natural sounding except for an occasional hotspot in its upper registers, while the piano is favourably reproduced with a bright well-rounded percussive tone.
Bob McQuiston
Schweizer Musikzeitung SMZ – März 2012
Unterschätzte Leidenschaft
Neun Jahrzehnte nach seinem Tod in Locarno wird der Schweizer Spätromantiker Hans Huber (1852-1921) endlich auch von den Geigern wiederentdeckt, denen er eine ebenso umfangreiche wie gehaltvolle Literatur gewidmet hat. Von seinen neun veröffentlichten Sonaten haben Gilles Colliard und Timon Altwegg zwei der gegensätzlichsten eingespielt und mit der Phantasie op. 17 kombiniert, deren viersätzige Gliederung untrüglichen Sonatencharakter trägt. Sie ist dem ungarischen Violinvirtuosen Ede Remenyi gewidmet und 1876 erstmals erschienen. Das Werk straft die durch die Fachliteratur zementierte Behauptung Lügen, wonach Hans Huber ein Epigone von Schumann und Brahms und darüber hinaus kein ausdrucksstarker Musikergewesen sein soll. Bereits das nach einer düsteren Einleitung einsetzende Allegro con fuoco geht in der melodischen Erfindung eigene Wege und überrascht mit einer Leidenschaftlichkeit, die schon in den Presto-Schlusstakten «stürmend» daherkommt, bevor das Tempo nochmals beschleunigt wird.
Gibt sich die 5. Sonate im schwärmerisch-kantablen Kopfsatz in E-Dur anfänglich lieblich, so nimmt sie im folgenden Scherzo in e-Moll kraftvoll gespannte Züge an, die genauso in der Sonata appassionata (um 1885) als Haupteigenschaften auffallen.
Der auch als Komponist und Dirigent hervortretende Geiger Gilles Colliard und der ebenfalls in der Schweiz geborene Pianist Timon Altwegg, der sich auch für den Huber-Schüler Ernst Levy und dessen Sohn Frank Levy einsetzt, werden dem weiten Atem dieser klanglich herben Sonate auf exemplarische Weise gerecht. Mit sattem Geigenton und einer pianistisch souveränen Mitgestaltung, die im rasanten Finale durch hohe spieltechnische Anforderungen und rhythmische Tücken erschwert wird, werten die beiden Musiker diese lange vernachlässigten Sonaten zusätzlich auf.
Walter Labhart
Musik & Theater – Jan/Feb. 2012
Spätromantik aus Basel
Hans Huber war um die vorletzte Jahrhundertwende musikalischer Herrscher in Basel. Und zudem der meistgespielte Schweizer Komponist! Heute allerdings weitgehend vergessen, ein Mitläufer der späten Romantik. Massvoll schwelgerisch zwischen Brahms und Bruch, wie es drei seiner (ingesamt elf) Violinsonaten belegen. Der aus Genf stammende Geiger Gilles Colliard und Pianist Timon Altwegg auferlegen sich diesbezüglich keinen Zwang.
Mario Gerteis
Thurgauer Zeitung – November 2011
Lohnende Schweizer Romantik
Zusammen mit dem Geiger Gilles Colliard legt der Thurgauer Pianist Timon Altwegg eine CD mit Duo-Sonaten von Hans Huber vor. Damit schliesst er eine wichtige Repertoirelücke.
MARTIN PREISSER
Warum hört man diese Musik nicht öfter? Mit Hans Huber, dem Schweizer Romantiker, der von 1852 bis 1921 lebte, ist ein Tonsetzer zu entdecken, der – hervorragend ausgebildet und selbst ein hervorragender Lehrer – der Welt der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Fülle an spezieller Ästhetik hinzufügen kann.
Einsatz für Selteneres
Der Kreuzlinger Pianist Timon Altwegg, der sich besonders einen Namen mit der Interpretation wenig bekannter Komponisten gemacht hat und auch Hans Hubers Soloklaviermusik pflegt, hat jetzt mit dem welschen Geiger Gilles Colliard, Dirigent des Orchestre de Chambre de Toulouse, drei Sonaten für Violine und Klavier von Hans Huber eingespielt, der viele Jahre Direktor der heutigen Musik-Akademie Basel war.
Die CD überzeugt von Anfang bis Ende. Colliard und Altwegg gelingt stets ein dichter, warmer und satter Duo-Klang. Mit Leidenschaft, Verve und Feuer wird hier musiziert. Und die Genauigkeit des Zusammenspiels und die Balance des Klangs garantieren der glutvollen Musik Hans Hubers zusätzliche Faszination.
Packend virtuos
Die beiden Künstler haben ein Frühwerk und zwei Spätwerke eingespielt. Der gemeinsame Nenner der Stücke: Hans Huber, in Leipzig und in der Mendelssohn-Nachfolge ausgebildet, erweist sich als satztechnisch hervorragender Tonsetzer, der eine riesige romantische Farbpalette beherrscht und melodisch über einen grossen und nachhaltigen Einfallsreichtum verfügt.
Die frühe g-Moll-Fantasie präsentieren Gilles Colliard und Timon Altwegg als das, was sie ist: ein Werk voll beeindruckender Polarität zwischen Überschwang und Nachdenklichkeit, das manchmal fast an die Welt eines Ferruccio Busoni oder eines César Franck erinnert. Filigran und mit packender Virtuosität nimmt das Duo für diese Musik ein.
Die beiden Sonaten des reiferen Hans Huber (Opera 112 und 116) begeistern durch ihren dichten elegischen Grundzug, der manchmal kraftvoll, manchmal verträumt daherkommt. In diesen Werken zeigt sich Huber als sehr eigenständiger Komponist zwischen Brahms und Reger, dem eine Fülle überraschender harmonischer Wendungen gelingt.
Einstieg für Hans Huber
Das Duo Altwegg-Colliard setzt auf satten, runden Klang. Die Violine seidig präzis, das Klavier brillant-erdig. Da kommen intensiv ausgespielte Adagios genauso zur spannenden Geltung wie perlend-virtuoses Appassionato. Beiden Künstlern gelingt es, eine wunderbar rhapsodische Weite über die Werke zu spannen.
Und nicht nur der fast geisterhaft und pikant-duftige Schluss der sechsten Sonate beweist, dass sich Gilles Colliard und Timon Altwegg mit viel Herzblut und grosser und beeindruckender musikalischer wie technischer Präsenz und Kraft die Welt Hans Hubers einverleibt haben.
Mit dieser CD ist nicht nur spannende Kammermusik des ausgehenden 19. Jahrhunderts zu entdecken, sondern der Tonträger kann für alle Musikfreunde ein perfekter Einstieg in die Welt des Schweizer Romantikers sein.
Hans Huber: Sonatas for Violin & Piano. Guild Music.
MusicWeb International – October 2011
Huber’s eight symphonies (1882-1920) have been tackled exhaustively by Sterling. It remains to be seen who will square up to the challenge of the four piano concertos, the five operas (1894-1918), the Violin Concerto and the Suite for cello and orchestra. This Swiss composer’s symphonic technique tended towards the picturesque rather than any concentrated adherence to sonata-form or harmonic transformation. None of that diverted him from expatiating at length and in quantity in the chamber music form. There are two piano quintets, a piano sextet, two piano quartets, five piano trios, five cello sonatas, three piano sonatas and eleven violin sonatas.
The Phantasie is a sonata manqué in four movements, the second of which plays intriguingly with ideas that echo Beethoven’s Fate motif and Sibelius’s Finlandia. The third mixes exuberance and anxiety in a sort of supercharged Erlkonig. The two outer movements exult in a Schumann like torrent of song-lofted action, confident and smiling. The Fifth Sonata dates from one of his super-productive chamber music periods. A more Olympian mood is at play in the first movement making way for a fast gambolling presto agitato with Mendelssohnian overtones. The final Allegretto is solicitous, blithe of countenance without fatuity and with melody welling up and a most touching line in Fauré-like lyricism. The Sixth Sonata is also in three movements. We are told that the first of these is based on themes from Huber’s early Violin Concerto. Huber again adopts the irrepressibly cantabile-inclined manner of Fauré set amid a Brahmsian melos. The dedicatee was Jeno Hubay. This is high-flown romantic writing combining celerity with romance and heroism.
The complementary notes really do make a difference. It comes as no surprise to read Robert Matthew-Walker’s name at the end. Colliard and Altwegg have burrowed into this music and know its outward appearance and the sinews and musculature of this late-romantic material.
Rob Barnett
Colliard and Altwegg know the outward appearance and the musculature of this late-romantic material.
MusicWeb International – October 2011
Hans Huber was little more than a name to me, but I wish I’d discovered him sooner. The Swiss composer studied in Leipzig before returning to the country of his birth where he taught, in Basel. He was the Music School’s Dean from 1896 until his death in 1921. He wrote eight symphonies, five operas, four piano concertos, a violin concerto and a considerable amount of chamber music.
This is what Guild presents, in the shape of three works for violin and piano written between around 1870 and 1900. Huber impresses me for his excellent melodic gifts, his sure deployment of lyric material traced between violin and piano, his highly expressive and atmospheric writing and his propensity for chorale-like motifs that gather considerable depth as they are developed. I am also highly impressed by these interpreters, who serve him with devotion and considerable skill, both digitally and emotively.
The Phantasie is an early work, written around 1870. Its four movements gather momentum and direction as they develop, revealing something of a debt to Schumann but full of dashing writing in the Prestissimo section and a real gift for profuse lyric fluency throughout. He characterises well too – both the chorale and the rich chordal trio of the – in effect – Scherzo possess real staying power. The finale is rich but also feisty, and drives toward a satisfying and powerful conclusion.
This was a work of a teenager, and a mighty impressive work too. It doesn’t seem at all schematic, or academic or slavish. In fact it’s overflowing with feeling. By the time we reach the Fifth Violin Sonata of 1897 over a quarter of a century had passed, and Huber’s Late Romanticism is now distinctly tinged with Brahmsian impressions. But the melodic inspiration remains elastic, expressive and full of plangent phrasing. Huber occasionally seems to have based his structural plans on Beethoven. I have a hunch that he based this sonata on Beethoven’s Op.109 Piano Sonata. An Allegretto is followed by a brisk Presto agitato and to end we have an Allegretto ma non troppo e cantabile. The central movement’s piano writing seems more than to hint at Op.109 and the whole sonata seems predicated on its influence. But Huber’s lovely cantabile writing, his warmth and wisdom is always in evidence. Does he hint at the Siegfried Idyll in the finale for a reason? Is there a musico-biographical element at work?
The Sixth Sonata is another splendid work, dedicated to Hubay. It’s something of a concertante sonata, but one with a seamless control of span, not least in the long and tricky first movement. There is some lovely writing for the piano, as well as residual Brahmsian qualities too. The slow movement is passionately declaimed, complete with a Regerian three part fugue, and though this sounds on paper formidably academic, in practice it works extremely well. There’s even a Spanish tinge in the jaunty finale and an exultant close.
Beautifully recorded and neatly annotated, this disc has taken me very much by surprise. It’s an absolute winner.
Jonathan Woolf
It’s an absolute winner.
Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert:
Booklet:
Von Hans Huber (1852–1921) kannte ich bislang vor allem die Sinfonien, von denen die eine oder andere mir eher nicht so tiefgründig erschien. Dass Hubers Musik weit mehr ist, lassen schon die ersten Takte der vorliegenden CD vermuten. Noch nicht zwanzig Jahre war er alt, als seine Phantasie g-Moll op. 17 entstand, ein Werk, das ich nicht zögere, Schuberts großer Phantasie D 934 zur Seite zu stellen. Hubers Ton mag an der einen oder anderen Stelle noch Brahms verbunden sein, doch haben wir bereits eine durchaus eigenständige Stimme, einen jungen Meister, der genau weiß, wo es langgeht. Die viersätzige (einer Sonate ähnliche) Phantasie ist schlüssig aufgebaut, mit hörbarer Referenz (und Reverenz) zur Tradition, aus der sie erwächst. Aber gerade dies erweist sich als Stärke, zeigt sich Huber in den beiden weiteren Werken auf der CD, der fünften Sonate E-Dur op. 112 und der sechsten in d-Moll op. 116, als ein Komponist, der wusste, wie man das Genre ins 20. Jahrhundert überführen konnte.
Huber ist lyrischer als etwa Reger, aber nicht weniger leidenschaftlich (die sechste Sonate trägt den Untertitel ‚Appassionata‘ und auch der fünften stünde dieser Titel nicht schlecht an). Mit jeder seiner Kompositionen spannt Huber eine ganz eigene Welt auf. Seine beiden Sonaten sind dreisätzig, die eine mit Scherzo, die andere mit einem langsamen Satz. Auch hier weiß Huber Struktur zu schaffen, Steigerungen, Spannungen. Das Finale der fünften Sonate bietet sogar einen Hauch Impressionismus, doch sind wir hier im Großen und Ganzen in der großen postbrahmsischen Tradition, die heute so gut wie vergessen ist – völlig zu Unrecht.
Die sechste Sonate ist der unzweifelhafte Gipfelpunkt der CD, ein beeindruckendes, architektonisch äußerst sorgsam und inspiriert gebautes Werk, dessen zentraler Satz naturgemäß der dramatische langsame Satz ist – kein Largo con gran espressione, sondern ein ‘Adagio ma non troppo’, ein Satz voller dramatischer Innenspannung, dem jede blühende Melodie untergeordnet ist. Und Huber ist Melodiker durch und durch. In der Mitte des langsamen Satzes aber befinden wir uns plötzlich in einem veritablen Fugenteil, der Huber auch als Meister der akademischen Form zeigt. Anders als der Bookletautor bin ich nicht der Meinung, dass man immer wieder noch die Herkunft des Materials der Sonate aus Hubers frühem Violinkonzert hören kann – die Herangehensweise ist genuin kammermusikalisch und rundum überzeugend.
Geiger Gilles Colliard und Pianist Timon Altwegg liegt Hubers Musik hörbar am Herzen, ebenso Bookletautor Robert Matthew-Walker, auch wenn sich dieser mit genaueren Kompositionsdaten zurückhält. Michael Ponder erweist sich ein weiteres Mal als Produzent, der weiß, wie man unbekannte Musik zum Leuchten bringt. Eine wichtige Ergänzung der Violinsonaten-Literatur, würdig, etwa den Sonaten Regers zur Seite gestellt zu werden.
Dr. Jürgen Schaarwächter